Nachteilsausgleiche bei psychischer Behinderung?

Schpaik

jeder nach seiner Façon
Hallo zusammen! :)

Ich habe vor ein paar Wochen eine Bewerbung für eine Ausbildungsstelle raus geschickt. Auch gleich sofort mit dem Hinweis, das ich einen Schwerbehindertengrad von 50 habe.
Heute kam nun Post mit (gekürzt) diesem Inhalt:

Als schwerbehinderter Mensch können Sie nach der Rahmenintegrationsvereinbarung bei der Bewerberauswahl Nachteilsausgleiche erhalten, die die Auswirkungen Ihrer Behinderung berücksichtigen sollen.

Dieser Nachteilsausgleich ist formlos für beide Auswahlverfahren (schriftlicher und mündlicher Teil des Auswahlverfahrens) im Vorwege zu beantragen.

Im Antrag bedarf es folgender Angaben:
- Art und Umfang der behinderungsbedingten Beeinträchtigung (Auswirkung in der konkreten Situation)
- Art und Umfang des dazu beantragten Nachteilsausgleichs
- Begründung und Nachweis des Erfordernisses für den beantragten Nachteilsausgleich.

Für einen angemessenen Nachteilsausgleich bitte ich Sie, mir die Auswirkungen Ihrer Behinderung im Zusammenhang mit einem Prüfungsverlauf darzustellen.

ÄH?

Also ich darf was beantragen, damit ich einen Nachteilsausgleich schaffen kann. Aber was schreibe ich denn da? Wie sieht denn das aus was ich bin?
Wie sieht den meine Behinderung im Zusammenhang eines Prüfungsverlaufes aus? Doch eigentlich immer anders, je nach Art der Prüfung, oder nicht?
Und woher soll ich eine Begründung oder einen Nachweis nehmen? Meine Probleme (zumindest die meisten) sind in meinem Kopf. Das kann man von Außen nicht sehen.

Ich stehe vor diesen Aufforderungen recht ratlos, weil ich mir gerade nicht Vorstellen kann, was ich schreiben, bzw. wie so etwas aussehen soll, was ich beantragen könnte.
 
Keine rechtliche Beratung.;)

Ich habe das alles hinter mir, da Rente.

Gehe mal davon aus, Sozialamt, Arbeitsagentur etc.

Da aber eine vernünftige "Zusammenarbeit" mit den entsprechenden Instituitionen (bei mir nur die AG) war, hatte ich nie Probleme mit diesen.

Da kommt es auch auf den GdB Deiner Behinderung an.
Möchte meinen, jede Sozialkasse kann dich in Deiner Situation beraten.

Ein Grad von 50 (ist nur für den AG interessant) kannst Du aber ohne weiteres "Vorteile" herrausholen.

So hat es zumindest bei mir geklappt, bin aber auch älter.;)
 
Und woher soll ich eine Begründung oder einen Nachweis nehmen? Meine Probleme (zumindest die meisten) sind in meinem Kopf. Das kann man von Außen nicht sehen.
Du wirst doch sicherlich eine offizielle Diagnose von einem Arzt haben, oder?
 
Einfach mal mit Halbwissen:

Der Nachteilsausgleich soll deinen Nachteil ausgleichen.

Wenn du z.B. eine Sehbeeinträchtigung hast und daher die Fragen im Einstellungstest nicht lesen / schriftlich beantworten kannst, könnte dir ein Assistent gestellt werden, der die Fragen vorliest und eine Antworten aufschreibt.
Dieses Beispiel müsstest du nun auf deine konkrete Situation umdeuten.

Gut im Thema sollten z.B. Förderschullehrer / Sonderpädagogen sein, da diese im schulischen Bereicht täglich damit zu tun haben.
Das Versorgungsamt (dort, wo du deinen Schwerbehindertenausweis bekommen hast) sollte dich auch beraten können.
 
Ja, natürlich habe ich eine ärztliche Diagnose bzw. einen Attest. Aber den versteht keiner außer er ist spezialisierter Arzt. :( Zudem kommt, das in den letzten Jahren zu ADHS und auch Klinefelter (beide sind ähnlich und/oder hängen zusammen) immer neuere Erkenntnisse aufgetaucht sind. Inzwischen sind die Beratungsstellen in Deutschland sogar bereit anzuerkennen, das ADHS zu gut vier fünftel Genetisch bedingt ist. Vor drei Jahren lautete das noch ganz anders.

Diese ganzen Beratungsseiten (Danke Norbert!) beziehen sich insgesamt auf Behinderung. Und Behinderung ist ein großes breites Feld. Am offensichtlichsten ist so etwas wie Bein ab oder Arm ab.

Nur was bin ich? Rein äußerlich kann man mir die Behinderung nicht ansehen. Meine Probleme sind im Kopf. Was soll ich denen sagen? - Das ich in meinem Lieblingsforum dazu neige, längere Texte zu schreiben als die meisten anderen? Das ich die Welt nicht in schwarz oder weiß sehen kann? Und wie zur Hölle soll ich im Voraus wissen, was für mich in dieser oder jener Prüfungssituation gut wäre, wenn ich die Situation nicht kenne?
 
Hab mal meine Frau gefragt (die hat Ahnung):

Bei ADHS wären typische Nachteilsausgleiche:

- verlängerte Zeit
- separater, reizarmer Raum

Hilft das?
 
Inzwischen habe ich mal den Schwerbehinderten-Beauftragten für die Hütte am Telefon gehabt. Das mit dem separaten Raum ist wohl eine gute Idee (wegen Reizfilterschwäche), das mit der mehr Zeit, werde ich wohl nicht brauchen. Ich mag Prüfungssituationen. Warum auch immer, aber ich habe einfach schon immer gerne mich selbst auf den Prüfstand gestellt. Und da Englisch nicht getestet wird....:)

Der Ablauf soll wohl so aussehen:
Schriftliches Auswahlverfahren

Dieser Teil dauert 3,5 Stunden und besteht aus Aufgaben zum Zahlen- und Sprachverständnis, einer Arbeitsprobe und einem Wissenstest.
Zahlenverständnis

Hier weisen Sie Ihre mathematischen Fähigkeiten nach, durch:

  • das Anwenden der mathematischen Grundregeln
  • Dreisatz- beziehungsweise Vergleichsrechnung
  • Prozentrechnen
  • Zinsberechnungen
Bei der Lösung der Aufgaben ist ein Taschenrechner zugelassen.
Sprachverständnis

Hier zeigen Sie:

  • Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung und Grammatik
  • Textverständnis
  • die Fähigkeit, Rechtsvorschriften anzuwenden

Arbeitsprobe


Hier beweisen Sie mit Ihrem schriftlichen Ausdruck folgende Fähigkeiten:

  • einen Sachverhalt oder ein Problem zu durchdringen und gedanklich zu strukturieren
  • Gedanken logisch und überzeugend darzulegen
  • eine sichere und gewandte Ausdrucksweise
  • die korrekte Anwendung der Regeln der Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung
  • zu einem mehr oder weniger relevanten Thema Stellung zu nehmen

Wissenstest


Es werden Fragen aus dem Bereich der Allgemeinbildung gestellt.

Mündliches Auswahlverfahren

Haben Sie das schriftliche Verfahren bestanden, werden Sie in der Regel zum mündlichen Auswahlverfahren eingeladen.
Sie präsentieren sich und stellen sich persönlich vor

  • in einer Gruppenübung mit Diskussion,
  • in einem Rollenspiel und
  • in einem Interview.

Ne Vorbereitung in Mathematik wäre wohl sinnvoll. Den allgemeinen Firlefanz, den man so in der Schule hat, wurde zumindest in meinem Leben in den letzten 20 Jahren so gut wie nie benötigt. Tatsächlich habe ich sogar noch die Zinseszins-Formel im Kopf. :ROFLMAO: Damit hat man mich bis zum erbrechen gequält. Aber wie ich die nun umstellen könnte, wüsste ich so auf Anhieb nicht mehr.

Das mit der 'einen Sachverhalt oder ein Problem zu durchdringen und gedanklich zu strukturieren' macht mir ein wenig Sorgen. Ich weiß aus vielen Beispielen aus ehemaligen Deutschstunden und auch hier aus dem Forum, das ich viele Dinge anders aufnehme und/oder verstehe. Inzwischen ist das auch in der Wissenschaft bekannt, das Klinefelter und/oder ADHSler an manche Sachen ganz anders herangehen, eine andere Verständnisverarbeitung haben.

verborgener Text:

Deutschunterricht: Ein Gedicht interpretieren. Ich weiß leider nicht mehr wie es heißt oder von wem es ist. War aber wenn ich mich recht erinnere angelehnt an die griechische Mythologie.
Meine Interpretation wurde von meinem damaligen Deutschlehrer als "Interessante Herangehensweise" betitelt. Ich bekam dafür eine 2+.
Dieses Schuljahr musste ich wiederholen. Hatte dann eine Deutschlehrerin, aber wegen dem Lehrplan das gleiche Gedicht. Hab ich also einfach noch einmal genauso interpretiert.
Ergebnis: Glatte 6. "Völlig am Thema vorbei!" - Auf meine Frage, warum denn Bitteschön, kam die Antwort das der Lehrplan die möglichen Lösungen vorgibt. Meine Art der Interpretation wird nicht erwähnt, daher ist (muss) diese Falsch sein.

Ähnliches in der achten bzw. neunten Klasse. Die Aufgabe war, ein Referat zu halten von mindestens 15 Minuten Länge.
Damals (in der achten Klasse) nahm ich für mein Referat: Warum sie so arm sind. (In der Ausgabe von 1984) - Ich habe mich völlig verpeilt, wie lange meine ganzen Informationen brauchen würden. Ich war fast 100 Minuten am Sprechen.
Dafür bekam ich die Beste aller möglichen Noten überhaupt. Eine Null! Selbst mit einer 1 hätte ich insgesamt im Zeugnis in Deutsch eine Vier (ausreichend) damals erhalten. Durch diesen Kunstgriff erhielt ich ein befriedigend in Deutsch.

Ein Jahr später bei einem anderen Lehrer hielt ich (wie fast alle anderen auch) im Grunde genommen das gleiche Referat. Ein wenig gekürzt. Erhalten habe ich für Vorführung und Inhalt ne Glatte Doppelsechs.


Meine persönliche Erkenntnis aus diesen zwei Beispielen ist: Gerate ich an Menschen, die ein wenig Fit im Kopf sind, habe ich eine Chance. Bei Menschen/Prüfern, die streng nach den Regeln vorgehen, gehe ich unter.


Und dann ist da natürlich auch noch die Frage der Allgemeinbildung. Öööh... ich habe keine Ahnung was die jungen Menschen dieser Welt wissen sollten. So etwas wie unsere aktuellen Minister könnte ich nicht beantworten bis auf drei. Ich wüsste nicht einmal, wie viele wir haben müssten. :eek:

Der ganze restliche Kram macht mir eigentlich kein Kopfzerbrechen. Ihr hier habt mich durchaus Fit genug gehalten, das ich es mit dem Rest der Welt aufnehmen kann. :D
 
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