[Diskussion] NEUE WELTERKLÄRUNG Das Universum hat keinen Anfang

TheWonder

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NEUE WELTERKLÄRUNG Das Universum hat keinen Anfang

Nicht erst beim Urknall ist das Universum entstanden, glauben zwei Kosmologen. Nach ihrer radikalen Theorie befindet sich das Weltall in einem ewigen Kreislauf zwischen Schöpfung und Zerstörung.


Die Zeit hat keinen Anfang und kein Ende: Das ist die Konsequenz aus einem neuen Modell, demzufolge das Weltall ständig aufs Neue expandiert, um daraufhin wieder zusammenzufallen. Die radikale und in Fachkreisen nicht unumstrittene Theorie, die den Urknall nur als Übergang zwischen zwei Phasen ansieht und die Existenz eines Paralleluniversums einschließt, präsentieren zwei Kosmologen in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science".
Ihr "zyklisches Modell", meinen Paul Steinhardt von der Princeton University und Neil Turok von der Cambridge University, hat gegenüber dem bisherigen Standardmodell einige Vorteile. Die Welterklärung, auf die sich zuletzt viele Forscher einigen konnten, ist die so genannte Inflationstheorie: Sie geht davon aus, dass das Universum vor rund 14 Milliarden Jahren mit dem Big Bang entstand und danach einen äußerst kurzen Schub rapider Ausdehnung - die Inflation - durchlief.

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Zyklisches Modell: Zwei "Branen" prallen aufeinander

Diese Theorie, zu deren Begründern auch Steinhardt zählt, kann zwar viele wichtige Eigenheiten des Weltalls erklären - etwa seine räumliche Flachheit, die Fluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung und die Verteilung der Galaxien. Doch neue Beobachtungen haben Schönheitsfehler des Inflationsmodells aufgezeigt: Es berücksichtigt nicht, dass sich das Universum offenbar beschleunigt ausdehnt, und zwar unter Einwirkung einer rätselhaften, als Anti-Schwerkraft wirkenden "dunklen Energie". Zudem verursacht die Standardtheorie philosophisches Unbehagen, denn sie verrät nichts darüber, was vor dem Urknall war.

Um die Probleme zu lösen, schlagen Steinhardt und Turok ein anderes Szenario vor: Demnach durchläuft das Universum eine endlose Reihe von Zyklen, die jeweils mit einem Big Bang beginnen. Nach dem großen Knall entfaltet es sich langsam unter dem Einfluss der dunklen Energie über einen Zeitraum von Milliarden von Jahren - genau so, wie es die Astronomen derzeit beobachten. Wenn sich Materie und Strahlung in dem aufgeblähten Raum bis zum Äußersten verdünnt haben, zieht sich das Weltall erst unmerklich, dann immer schneller zusammen, um schließlich in einem weiteren Urknall erneut geboren zu werden.

Dieses Verhalten des Universums lässt sich den Forschern zufolge auch mit der Mathematik der so genannten Stringtheorie und ihrer Weiterentwicklungen erklären, die in den letzten Jahren unter theoretischen Physikern immer mehr Anhänger gefunden haben. Die ebenso exotische wie anspruchsvolle Gedankenwelt beschreibt das Verhalten von Elementarteilchen je nach Theorieversion in zehn und mehr Dimensionen. Auf kosmologische Ebene übertragen, impliziert das Ideengebäude die Existenz mehrdimensionaler Membranen, die auch kurz Branen genannt werden.

Aus der Perspektive der Stringtheorie betrachtet, gibt es in dem von Steinhardt und Turok erdachten Szenario zwei Branen: In der einen ist unser Universum enthalten, in der anderen ein Paralleluniversum. Wie zwei Hände klatschen die beiden Branen immer wieder zusammen und entfernen sich dann voneinander - mit dem Unterschied, das zwischen zwei Aufeinandertreffen Milliarden von Jahren vergehen. Bei einer Kollision wird eine gewaltige Energiemenge freigesetzt, wie bei der Urknalltheorie entsteht Materie und Strahlung, die das Weltall ausfüllt.

Wie die beiden Wissenschaftler betonen, wird mit ihrem zyklischen Modell des Universums die dunkle Energie nicht nur behelfsmäßig erklärt, sie ist sogar ein zentraler Bestandteil. Doch obwohl die Theorie einige Fragen beantwortet, wird sie von anderen Kosmologen kritisch beäugt: "Die Fachwelt ist sehr, sehr skeptisch", meinte etwa David Lyth von der britischen University of Lancaster gegenüber "Nature Science Update". Auch Steinhardt und Turok räumen ein, dass die komplexe Mathematik möglicherweise noch Tücken birgt. Erst nach weiteren Berechnungen könnte sich die Theorie bewähren - oder als schönes, aber durchlässiges Formelgebilde erweisen.

Quelle: Der Spiegel, 26.04.02

Hört sich faszinierend an - auch wenn ich beim Lesen nicht alles zu 100% verstanden habe z.b. was mit der räumlichen Flachheit des Universums gemeint ist. Und auch der Punkt ob sich das Universum nach seiner maximalen Ausdehnung "von alleine" wieder zusammenzieht und ein Urknall entsteht oder ob es sich durch das Zusammenprallen der beiden Branen zusammenzieht, ist mir nicht ganz klar. "Vermutlich" durch das Zusammenprallen der beiden Branen.

Was meint ihr zu dem Thema?

So long,
TheW :)
 
Kosmologie und Urknalltheorie gehören tatsächlich zu meinen Lieblingsthemen. Wíe könnten die
Geheimnisse des Weltalls auch nicht interessant für einen eingefleischten SciFi-Fan sein :D ?

Leider leiden exacte Beschreibungen der Vorgänge unter den mangelhaften Beobachtungsmöglichkeiten und so werden wir zu unseren Lebzeiten wohl keine gesicherten
Erkenntnisse zu hören bekommen.

Es sei denn natürlich, Supi's Verwandte erbarmen sich und besuchen ihren verstossenen
Vetter mal wieder :D ;)

Live long and prosper
 
Du denkst eben in zu wenig Dimensionen :D


Aber ok, Du hast es so gewollt:

Die Geometrie des Kosmos ist im Standardmodell durch das Verhältnis zwischen der Dichte r und der kritischen Dichte rc beziehungsweise den entsprechenden Energiedichten u = rc2 und uc = rcc2 festgelegt. Das VerhältnisW (t) = u(t)/uc(t) bezeichnet man als Dichteparameter. Aus den Beobachtungen der sichtbaren Materie ergibt sich, dass dessen heutiger Wert W (t0) etwa 0,1 beträgt. Dies würde bedeuten, dass unser Kosmos offen ist und eine hyperbolische Geometrie besitzt. Ein Problem ergibt sich jedoch, wenn man W (t) seit der Planck-Zeit verfolgt, die im Standardmodell durch folgenden Zusammenhang gegeben ist:

Dabei ist T (tP) die Temperatur zur Planck-Zeit tP und T (t) die Temperatur zu einem beliebigen Zeitpunkt t. Weil die Größenordnung des Faktors [1 - W0 ]/W0 auf der rechten Seite der Gleichung in der Nähe von 1 liegt, muss demnach für t = tP die Größe 1 - _W (tP) ungefähr gleich 10-60 gewesen sein. Dies bedeutet: Bis auf die unvorstellbar kleine Abweichung von 10-60 muss W (tP) den Wert 1 gehabt haben.

Diese Herleitung mag zwar auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, doch zeigt sie, dass bereits minimale Abweichungen nach oben zu einem viel zu frühen Kollaps führen würden und dass Abweichungen nach unten eine viel zu rasche Expansion des Kosmos zur Folge hätten. Damit die globale kosmische Entwicklung nach dem Standardmodell mit dem tatsächlich beobachteten Wert kompatibel ist, muss die aus der Formel resultierende Forderung an die Flachheit des Kosmos zur Planck-Zeit äußerst präzise erfüllt sein. Im Rahmen der Standardkosmologie stellt dies aber eine nicht erklärbar hohe Anforderung an die Feinabstimmung dar, und diesen Erklärungsbedarf bezeichnet man allgemein als das Flachheitsproblem.


Alles klar ;)
 
@ AK: Relativ klar, ja. Wenn T(tP) nur als Vergleichsgröße dient um eine Relation zu T(t) zu haben, hab ich die Herleitung - soweit das als Laie möglich ist - verstanden.

Ging Planck also davon aus, dass der Kosmos nicht mehr expandiert? Während Steinhardt und Turok mit einer "leicht nach unten" (sind ja ein paar Milliarden Jahre) vorhandenen Abweichung argumentieren?

@ little t.: Thx für den Tip. Die PC-Welt müsste ein Kumpel von mir eigentlich haben.

So long,
TheW
 
Na gut, Steinhardt ist ja wie ich Anhänger der elfdimensionalen M-Theorie, die genug Platz für mehrere
Universen bietet, die unter bestimmten Voraussetzungen, die Turok in seiner letzten Abhandlung
beschreibt, Energien austauschen können.

Liegt hier vielleicht die Lösung für die geheimnisvolle schwarze Materie ?
 
also ich versteh da nur Bahnhof, aber es gibt ja gottseidank klügere als mich....

@TheW,
wenn nicht, PM oder E-Mail, und das Ding ist unterwegs....
 
@ little t.: Ich frag morgen mal bei meinem Kumpel nach, der hat PC-Welt abonniert. :)

@ AK: Auf deine Frage weiss ich leider keine Antwort, woher auch. :crazy :eek: Aber vielleicht könntest du noch kurz ein, zwei Sätze zu meinen beiden Fragen schreiben? ;)

So long,
TheW
 
Ich hätte mal eine Frage zur M-Theorie oder zur String-Theorie.
Was ich nie verstanden habe: Die String-Theorie sagt doch, dass die zusätzlichen Dimensionen so klein aufgerollt sind, das wir sie nicht sehen können. Aber wie kann es dann noch Platz genug für andere Universen geben, wenn sie so klein sind.
 
Die Theorie von einem endlos immer wieder explodierenden und kollabierenden Universum ist aber alles andere als neu.
 
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