Diskussion Kinderarmut: Fantasie und Wirklichkeit.

Alte Seele

treuer Stammgast
Hallo,
Es gibt schöne Sachen im leben und die Sollte man genießen,
aber es gibt auch eine andere Seite im leben, über die man auch nachdenken sollte.

Es ist nicht alles Gold was glänzt, aber das wisst ihr ja auch selber wie man ja in den vielen
gesellschafts-kritischen Beiträgen von euch lesen kann.

Worum es geht, um Kinderarmut.
Ein kleiner junge erzählt in der Schule von seinem schönsten Tag in der letzte Woche.

Ja wir müssen Sparren, aber bitte nicht auf kosten der Kinder,
die dann in eine Fantasie Welt flüchten müssen, um davon zu Träumen was für viele von uns normaler Alltag ist..

Mich würde mal eure Meinung zu dem Video interessieren, mir ist schon klar das die Szene gestellt ist.
(Aber da geht ja nicht darum ob sie gestellt ist oder nicht)
sondern der kurz Film soll zum nachdenken anregen, und das macht er auch, den dafür ist er auch gedacht
(Leider sieht man so was nicht im TV)

Ich finde das Video sehr Traurig, und ich brauchte eine weile um es zu verarbeiten, vielleicht kann es ja jemand nach empfinden.

Werde es wohl dem einen oder andere Politiker noch zu schicken
auch mit der geringen Hoffnung, das sie es sich ansehen und verstehen werden.

Gefunden habe ich es, auf dem Block von Tim-Bormann Wann rücken wir zusammen?

Armut kennt viele Geschichten (Regie: Isabel Prahl) on Vimeo
 
Seit nicht ganz 2 Jahren sind wir nun endlich aus Hartz IV raus, was allerdings nicht heisst, das bei uns das Geld in Massen fließt. Im Gegenteil. Das monatliche Budget ist eng, während der jahrelangen Hartz-IV-Bezüge mussten wir auch unser Auto abstossen, da einfach Unterhalt, Reparatur etc viel zu teuer....

Dem (gestellten) Film kann ich daher sehr gut nachvollziehen. Wenn die Kinder aus der Schule kommen (das wird jetzt nach den Ferien wieder ganz schlimm werden) und berichten, was für tolle Sachen ihre Schulkameraden alles gemacht haben und sie selber konnten nichts berichten, dann ist das immer sehr traurig. Das Highlight von 6 Wochen Ferien war nicht etwa ein Spanienurlaub, sondern die Übernachtung bei einem Kumpel oder die Fahrt ins Freibad.

Armut bedeutet vor allem eins - ausgegrenzt sein! Kein Geld mehr um am sozialen Leben teilhaben zu können. Kein Geld um die Kinder in Vereinen unterzubringen, was meines Erachtens für soziales Miteinander sehr wichtig wäre. Kein Auto um "mal eben" mit den Kindern irgendwohin zu fahren.

Wenn ich da andere Eltern höre - "Letzte Woche musste ich jeden Tag 3 mal mit dem Wagen weg - ein Kind hier in den Verein, ein Kind dort in den Verein, dann alle wieder abholen, zwischendurch Großeinkauf und der Hund zum Hundeplatz, usw. usw." Solche "Sorgen" hätte ich auch gerne mal.

Aber ich will nicht meckern. Es gibt Familien denen geht es noch schlechter. Wir haben wenigstens wieder einen geregelten Tagesablauf und brauchen auch nicht mehr an der Essensausgabe stehe so wie der Junge im Film. Selbst hin und wieder mal Kino ist drin.

Trotzdem ist es erschreckend, wie viele Kinder in Deutschland in Armut leben und das schlimmste daran, wie ich finde, ist, das diese Kinder später kaum eine Chance haben da raus zu kommen. Kürzlich stand es noch in der Zeitung - Armut wird vererbt. Ein Kind aus Armut hat 10 Mal weniger Chancen die gleiche Schule zu besuchen wie das Kind aus Akademikerkreisen - bei gleicher Schulbildung und Wissensstand! DAS macht trauirg!
 
Ein Kind aus Armut hat 10 Mal weniger Chancen die gleiche Schule zu besuchen wie das Kind aus Akademikerkreisen - bei gleicher Schulbildung und Wissensstand!
So sehr ich alles andere nachvollziehen kann, an diesem Punkt frage ich mich jedoch warum?
Bei gleicher Grundschulbildung, ist durchaus die gleiche weiterführende Schule möglich, die Frage ist nur, ob die Eltern Bildung als wichtig erachten oder nicht. Diese Einstellung überträgt sich natürlich auf die Kinder, die dann ggf. gar nicht bereit sind, sich in der Schule etwas mehr rein zu hängen.
Armut auf Grund mangelnder (Aus-)Bildung ist also nicht vererbt sondern anerzogen und das ließe sich schon ändern - sogar ohne finanziellen Mehraufwand.
 
"Die Chancen von Jugendlichen aus der Oberschicht ein Gymnasium zu besuchen sind derzeit dreimal so hoch, wie die Gleichaltriger aus Arbeiterfamilien", sagt Studienleiter Jürgen Baumert.

aus Taz - Nach der Grundschule wirds ungerecht

(Mein obiges beispiel mit 10 x weniger chancen bezieht sich auf explicit auf Bayern, wo es in Deutschlandweit gesehen am schlimmsten ist)

oder auch hier:

Frankfurter Rundschau - Bildung schützt vor Armut nicht

Nur mal als Beispiel: Die Schulbücher für das neue Schuljahr unserer beiden Kinder belaufen sich zusammen auf 100,- € (3. und 4. Klasse Grundschule (die geliehenen aus der Schule noch nicht eingerechnet)).

100,- € für eine Hartz IV Familie? Unbezahlbar!

Keine Schulbücher = Keine Bildung!

Was ist das für ein Scheiß System?
 
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100,- € für eine Hartz IV Familie? Unbezahlbar!

Keine Schulbücher = Keine Bildung!

Was ist das für ein Scheiß System?

Das du pro Kind 100€ bekommst für Schulbücher von ALG2 weißt du aber?? DIE sagen es Dir nicht, wer nicht fragt/beantragt bekommt es halt nicht, so spart die ARGE :motz aber einmal beantragt, bekommst du es dann im Jahr darauf automatisch.
 
bekomme ich nicht!

Für 3. bzw. 4. Schuljahr stehen mir 40 Euro Zuschuß (pro Kind) zu - mehr nicht. Dieses Geld bekommt man aber nicht vorher, sonder muß es auch erst noch auslegen. Und - man benötigt ja nicht nur Schulbücher sondern auch noch alles andere drumherum.
 
In Baden-Württemberg gilt noch Lernmittelfreiheit (d.h. die Bücher werden von der Schule ausgeliehen) - ok. ringsrum entstehen trotzdem immer mehr Kosten (dieses und jenes Arbeitsbuch, Beiheft, Lektüre etc.). Allerdings entstehen diese Kosten auch auf der Hauptschule oder lernen die Kinder dort ohne Bücher?
Nun zu sagen, die Kinder können aus finanziellen Gründen kein Gymnasium besuchen ist also erstmal hinfällig. Das einzige was den Weg aufs Gymnasium bei weniger gut lernenden Schülern verhindern könnte, wäre nicht bezahlbarer Nachhilfeunterricht. Den meiner Meinung nach Schüler, die auf ein Gymnasium tendieren nicht nötig haben sollten. Dafür gibts ja verschiedene Schulformen - für jeden die Schule, die seinem Leistungsniveau gerecht wird. Späteres Weiterlernen ist möglich - erfordert jedoch in erster Linie die Bereitschaft dazu.

In deinem zuerst verlinkten Beitrag stehts ja auch drin - bildungsferne Eltern erachten auch für ihre Kinder eine höhere Bildung als unwichtig.
Kinder aus Familien, in denen Bücher zugänglich sind, erzielen bessere Noten und erreichen daher auch öfter den Schnitt, der fürs Gymnasium notwendig ist. Aber Bücher kann man auch günstig zugänglich machen, die muss man keinesfalls alle neu kaufen. In den meisten Stadtbüchereien zahlen Kinder keine Gebühren fürs Ausleihen, auch auf Bücherflohmärkten und bei ebay kann man Bücher günstig erstehen. Allerdings setzt das wieder das Interesse der Eltern voraus, ihren Kindern diese Quellen zugänglich zu machen.

Auch sehe ich keinen Makel, wenn man Kinder ihrem Leistungsniveau entsprechend auf eine Realschule schickt, wo sie die Mittlere Reife ablegen können und anschließend einen Beruf erlernen. Einen guten Abschluss kauft man nicht, sondern man erarbeitet ihn. Auch hier sind Eltern wichtig, die ihre Kinder dahingehend unterstützen, nicht finanziell sondern mental.
 
Ja gut!

Aber wenn zum Beispiel auf einem Gymnasium 5 freie Stellen zu besetzen sind und es melden sich 10 Schüler an, sagen wir 5 aus der Oberschicht und 5 aus der Unterschicht - was glaubst du welche genommen werden und welche auf die Realschule abgeschoben werden?

Sag mal den Eltern eines Oberschicht-Kindes, das ihr Kind nicht aufs Gymnasium darf - da sieht die Politik doch gleich ihre Felle schwimmen.... Schieben wir lieber die Unterschichtler ab, die erwarten eh nix anderes....
 
Normal werden doch die notwendigen Plätze in der entsprechenden Schulform geschaffen? Wenn an einer bestimmten Schule zu viele Anmeldungen sind wird umverteilt, aber eben an eine andere Schule der gleichen Schulart.
 
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