[Service] Dokumentation: Heinrich Heine-Portal

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Delwin

Gast
Dokumentation: Heinrich Heine-Portal

Ich bin kein Gelehrter, ich gehöre nicht zu den 700 Weisen Deutschlands. Ich stehe mit dem großen Haufen vor den Pforten ihrer Weisheit, und ist da irgend eine Wahrheit durchgeschlüpft, und ist diese Wahrheit bis zu mir gelangt, dann ist sie weit genug: - ich schreibe sie mit hübschen Buchstaben auf Papier und gebe sie dem Setzer; der setzt sie in Bley und giebt sie dem Drucker; dieser druckt sie und sie gehören dann der ganzen Welt.
Heinrich Heine

Mit diesem Zitat startet als phänomenales Gemeinschafts-Projekt zwischen dem Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf und dem Kompetenzzentrumfür elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier ein


Gefördert wird das Ganze durch die Kunststiftung NRW und die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Heine ist heute nicht mehr so umstritten wie noch in der Adenauer-Ära oder gar zu seinen Lebzeiten.

Aber er bleibt bis heute der deutsche Dichter, der uns beigebracht hat, unser Land nicht nur durch Lorelei-veheulte Heimatfilmaugen zu sehen, sondern unsere politische Situation und unsere private geistige Haltung zu erkennen und kritisch zu überprüfen. Damit wurde er, wie in seinem obigen Zitat indirekt gewünscht, der wichtigste Verfechter der Aufklärung in Deutschland und für Deutschland.

Aber selbst, wenn Euch diese grandiose Lebensleistung eines Einzelnen nicht besonders interessiert, kann einen dieses Mammut-Projekt begeistern:
Mit extremem philologischen, aber auch technischen Aufwand wurden die beiden unabhängig voneinander in Ost- und Westdeutschland entstandenen Gesamtausgaben von Heines Werken zusammengeführt. Dazu aus aller Welt Biographien, Analysen, Kritiken sowie Handschriften und Briefwechsel des Dichters. Dabei wurden 26.500 Textseiten mit insgesamt rund 72 Millionen Textzeichen von einem chinesischen Dienstleister erfasst und digitalisiert.
Weltweit haben viele Archive zu diesem gewaltigen Werk beigetragen, um das Vermächtnis Heines für die Welt, vor allem aber für das dank Heines Fleiß und Opferbereitschaft heute aufgeklärte, demokratische Deutschland zu sichern.

Wenigstens mal drin stöbern könntet Ihr ja. ;)
 
Da Schreiben dann Die Kundigen - Geordnet nach der Düsseldorfer Ausgabe -
Aber welcher, und warum Düsseldorf, da war Er nie gut gelitten !
Meine Ausgabe von Heinis - Sämtlichen Werken (21 Bände plus Supplementband) wurde bei Hoffman & Campe in Hamburg 1861 herausgegeben, als rechtmässige Originalausgabe.

heine 1.jpg


gruss
thomas

ps. übrigens Danke Delwin :)
 
Hoffmann & Campe galt Heine als Brücke nach Deutschland. Deshalb erschien das erste von ihm auch nur teilweise autorisierte Gesamtwerk dort.

Zwischen 1861 und heute wurde sein Werk durch Zusammentragen weiterer Handschriften, besonders aus seinem französischen Exil, um ein Beträchtliches erweitert. Sicher war das eine oder andere nicht von Heine zur Veröffentlichung bestimmt. Schließlich war er nicht nur eitel, was seine Sprache betraf, sondern musste auch sehr auf den Inhalt des Veröffentlichten achten.

Es ist jedoch nicht nur im philologischen Interesse, das Bild Heines für die Gesellschaft so genau und deutlich wie nur möglich zu zeichnen, nicht zuletzt in seinem ureigenen Sinne, da zum Verständnis seiner Texte oft notwendig auch der zeitgeschichtliche Kontext stehen muss, in dem sie entstanden sind. Daher auch der "Supplementband" der Originalausgabe.

Je weiter wir uns von den damals herrschenden Umständen entfernen, desto wichtiger sind Zeugnisse über seine Lebensumstände, um den ganzen Menschen beurteilen zu können. Viele dieser Texte, die ja zum Teil gar nicht von ihm stammen, hat er also in seiner autorisierten Erstausgabe nicht veröffentlicht. Diese wichtigen Ergänzungen nahm und nimmt das Heine-Institut vor, im Anliegen eines besseren Verständnisses.

Eine zusätzliche Möglichkeit, einander entsprechende Relationen deutlich und zeitgleich dem Interessierten darzustellen, besteht erst heute durch das Internet. Hier wird also der Link - die Verknüpfung - in seiner bedeutendsten Funktion, zur Darstellung von Zusammenhängen und Einflüssen, genutzt. Und das Heine-Institut beweist hier nicht nur die Größe des Dichters und Vordenkers, sondern (mit Hilfe des Kompetenzzentrums der Uni Trier) auch die Leistungsfähigkeit und den tieferen Sinn des "Inter"-nets. Dies ist - neben meiner Liebe zu Heines Texten - der Grund, warum ich dieses Portal in einem Internet-Forum vorstelle.

Und ausgerechnet Düsseldorf? Naja, das Heine-Institut hat sich nun mal hier konstituiert. Und die Tatsache, dass er in Düsseldorf nicht gut gelitten war, lässt sich auf Deutschland ausweiten. Konsequent gesprochen, müssten wir dann auf die Aufarbeitung der Geschenke Heines an uns ja komplett verzichten und die gesamte philologische Arbeit der "Association des amis de Henri Heine" überlassen. Das wäre dann die Fortsetzung seines Schicksals bis in die gegenwärtige Zeit. Das hat er nicht verdient.

Vielleicht haben sich ja auch hier inzwischen die Freunde Heines gegen seine Feinde durchgesetzt. Ich jedenfalls würde die Arbeit des Heine-Instituts als Freundschaftsdienst sehen. Und wer ihn kennt, wünscht genau so wie er, dass er hier endlich wieder zu Hause sein darf. Dieses Projekt wird von diesem Gedanken getragen. Vielleicht so eine Art Wiedergutmachung der Düsseldorfer an ihrem größten Sohn. :)
 
Hi Delwin, schön zu lesen, dass Du Ihn so schätzt.

Was ich mir wünschen würde, ist das das Portal einen spannden Zugang für Schüler bzw. Jugendliche bietet, denn das ist Er für mich.: Ein Spannender - Politischer Mensch.


"Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Mute. Ich bin dort geboren und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehn. Und wenn ich sage nach Hause gehn, dann meine ich die Bolkerstraße und das Haus worin ich geboren bin", schrieb Heinrich Heine 1827 in Ideen. Das Buch Le Grand. Quelle Wikipedia

gruss
thomas
 
....einen spannenden Zugang für Schüler und Jugendliche....

Ich glaube, dass unsere bisherige Bildungspolitik vor allem an den Schulen da einiges verbockt hat, für die gesamte Literatur. Dadurch, dass Generationen von Schülern immer nur hochtheoretische Diskussionen über einzelne Werke nahegelegt wurden, blieb der praktische Nutzen des Geschriebenen den meisten verborgen. Man wandte sich ab.
Lehrer neigen dazu, bei Unverständnis ausführlicher zu werden. Das Gegenteil wäre wichtig. Den Stoff straffen, verdichten. Dichtung heißt ja gerade, einen Inhalt so zu "ver-dichten", dass er in kurze Sätze oder ein Gedicht passt und trotzdem verstanden werden kann.

Deutschunterricht ist hier zu Lande in fast allen Gesellschaftsschichten - im Gegensatz zum Ausland - der Lächerlichkeit preisgegeben, obwohl hier der Schlüssel zur Lösung vieler aktueller Probleme liegen könnte.

Ein Großteil der heutigen Unfähigkeit unserer Gesellschaft, mit Problemen umzugehen, liegt meiner Einschätzung nach in der Tatsache begründet, dass man nicht mehr auf die Erfahrungen unserer Vorväter zurückgreifen will, bzw. kann, weil die sprachlichen Mittel und auch das Interesse fehlen, um nachzusehen, wie frühere Generationen mit den immer wiederkehrenden Problemen der Menschhheit im persönlichen und auch im öffentlichen Bereich umzugehen wussten.

Bei diesem Portal sehe ich den Ansatz in der Nutzung des Internets. Man kann die "Verlorenen" hier direkt abholen. Vielleicht ist Heine dazu zu kompliziert, aber wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung im Internet z.B. Ahnenforschug betrieben wird, vermute ich hier eine Chance. Auch in diesem Bereich ist der direkte Zugang zu Dokumenten bzw. Faksimiles über Verknüpfungen eine große Hilfe, wenn die entsprechenden Archive ins Netz gestellt sind. Spannend ist das allemal.

Wenn man Schülern und Jugendlichen, die ja im Internet bereits "zu Hause" sind, am Beispiel ihrer eigenen Abstammung Leben und Denken ihrer Ururgroßväter schmackhaft machen könnte, würde möglicherweise auch wieder das Interesse an den klassischen Schriftstellern steigen. Immerhin waren sie Dokumentare und Archivare unserer Kulturgeschichte. Und wenn z.B. der Urgroßvater vor Verdun gefallen ist, werden oft noch Informationen zur Stadt, zum Krieg, zur politischen Lage, aber auch zu den allgemeinen Lebensumständen abgefragt.
Wenn sie denn auch am richtigen Platz und leicht zugänglich angeboten werden. In diesem Beispiel könnte als Brücke in die Gegenwart z.B. das "Händchenhalten" Kohls und Mitterands genutzt werden.

Das augenblicklich modische Interesse an Fantasy-Geschichten beweist, dass viele das geschriebene Wort noch als Medium anerkennen. Allerdings müsste man hier auch noch einen Bezug zur Realität herstellen. Dies wäre die Aufgabe an die Lehrer, die Medien so aufzubereiten, dass im Unterricht die Spannung einer Erzählung oder eines Gedichtes im Vordergrund steht, und nicht, ob eine Hyperbel vollendet ist oder ein Hexameter aus 11.Quadratwurzel mal X Jamben besteht. Das gehört meiner Meinung nach eher ins Studium und nicht in die Unter- bzw. Mittelstufe; bestenfalls in einen Leistungskurs.

Die Betonung muss im Unterricht wieder auf die eigentliche Nachricht gelegt werden, und darauf, wie man möglichst einfach an die z.T. stark verschlüsselten Informationen herankommt. Dann könnten Schüler auch wieder begreifen, wie man aus einem Problem die Fragen nach ihren Prioritäten herausfiltert und sie der Reihe nach (im Batchverfahren, *ggg*)abarbeitet. Laut Pisa-Studie können sehr viele Deutsche der aktuellen Generation nicht einmal die Fragestellung einer Aufgabe erkennen oder erarbeiten.
 
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