"Eine Bockwurst, ein Eistee: Das macht dann 3.700 Euro - darf es sonst noch was sein?"
Am Schnellimbiss um die Ecke würde dieser Satz wahrscheinlich zu heftige Tumulten
oder wortloser Ohnmacht der Kunden führen.
Aber keine Angst, auch in Zeiten, wo alles teurer wird, werdet Ihr die genannten
Lebensmittel auch weiterhin für rund 1/1000 dieses Betrages kaufen können.
So teuer werden solche alltäglichen Dinge nur, wenn sie fotografiert werden.
Von den richtigen Leuten, versteht sich.
Die Bockwurst macht dabei noch den kleineren Teil aus - sie ist nur knapp
700 Euro wert, wie unser Mitglied Caschy bestätigen kann:
Abmahnung - wegen Bockwurstbild at Caschys Blog
Ohne dem Link zu folgen, wisst Ihr nun schon, worum es geht. Und wer die
Nachrichten rund um das Abmahn(un)wesen regelmäßig verfolgt, der weiß
spätestens beim Stichwort "Marions Kochbuch" endgültig bescheid.
Auf dieser Seite findet sich eine Sammlung von tausenden Rezepten, zum Beispiel
für Pommes Frites, Frikadellen mit Nudelsalat, Hot Dog und Pizza, aber auch für
kompliziertere Gerichte. Alle diese Rezepte sind illustriert und hübsch bebildert.
Hin und wieder findet jemand die Bilder von dieser Seite so hübsch, dass er sie
gerne auf seiner eigenen Seite haben möchte, und bindet diese kurzerhand ein
oder kopiert sie. Wie wir wissen, ist das nicht nur höchst unhöflich, sondern auch
richtig verboten, weil der Fotograf das Urheberrecht an seinem Bild besitzt -
egal wie simpel uns dessen Inhalt in Einzelfällen auch anmuten mag.
Die Seitenbetreiber machen es potenziellen Dieben allerdings auch sehr leicht.
Keine Rechtsklick-Sperre, kein htaccess-Bildschutz vor externer Einbindung etc.
0815-Schutzmechanismen, die mit rudimentären HTML-Kenntnissen in wenigen Minuten
realisiert werden können. Sie bieten letztlich keinen technisch wirksamen
Schutz, sind aber allemal geeignet, einen "Bilderdieb" rechtzeitig auf sein Tun
hinzuweisen und ihn vielleicht zum Nachdenken zu bringen. Darüber hinaus bietet
sich noch die Möglichkeit, Bilder mit digitalen Wasserzeichen zu versehen,
wodurch eine unerlaubte Verwendung sofort auffallen würde.
Ein Webmaster, dem es tatsächlich nur um den Schutz seiner Bilder geht und der
keine Lust auf juristische Auseinandersetzungen hat, wird sich solcher Hilfsmittel
ganz sicher bedienen, schon um selbst weniger Arbeit zu haben.
Wer das nicht tut, muss sich zumindest die Frage gefallen lassen, ob ihm seine
Bilder die Mühe nicht wert sind, oder ob er vielleicht doch ein "Prozesshansel" ist.
Der Fall, von dem ich Euch berichten möchte, macht diese Frage fast überflüssig.
Es geht um rund 3.000 Euro, die Jürgen Bechstein ein Eistee kostet, den er nie
getrunken hat - er hat ihn nur einmal kurz gesehen.
Jürgen ist Betreiber von foros Bundesligaforen | Startseite, einem Forum von und
für Fussballfans. Nebenbei gesagt, ein prima Forum, dass sich alle Freunde des
runden Leders ruhig einmal ansehen sollten.
In diesem Forum wünschte ein Mitglied in einem eher unbedeutenden Thread allen
anderen Mitgliedern einen guten Morgen und servierte einen virtuellen Eistee in
Form eines Bildes.
"Und das hatte er von Marions Kochbuch geklaut..." denkst Du jetzt.
Ätsch, falsch gedacht.
Das Bild stammte von einer katalanischen Webseite, die wohl zudem noch einen Hinweis
enthielt, dass dort gezeigte Bilder unter einer freien Lizenz stehen.
Dennoch erhielt Jürgen Anfang Januar im Auftrag von Marions Kochbuch reichlich
unappetitliche Post. Das Bild stammt nämlich ursprünglich von dieser Seite,
und Jürgen sollte nun eine Unterlassungserklärung abgeben sowie rund 700 Euro
an Lizenzgebühren und Abmahnkosten berappen.
Er kannte den entsprechenden Thread nicht mal, und selbst wenn er ihn gelesen
und das verwendete Bild auf eine mögliche Rechtsverletzung hin überprüft hätte,
wäre er davon ausgegangen, dass alles seine Ordnung hat.
Dass dieses Bild tatsächlich geistiges Eigentum des Betreibers von Marions Kochbuch
ist, konnte er ja nicht ahnen.
Nachdem ihm die Abmahnung nebst Kostennote von rund 700 Euro ins Haus geflattert
war, wusste er es. Und er tat erst mal das, was jeder verantwortungsbewusste
Forenbetreiber in diesem Fall tut: Er schaute sich die Sache an und löschte das
beanstandete Bild. Aus den oben genannten Gründen weigerte er sich jedoch, eine
Unterlassungserklärung zu unterschreiben, auch die Bezahlung der 700 Euro lehnte
er ab.
Stattdessen informierte er seine Community über den Fall. Es entstand eine
lebhafte Diskussion, in deren Verlauf sich auch der Betreiber von Marions
Kochbuch zu Wort meldete, und seine Sicht der Dinge darzulegen versuchte.
Obwohl sehr emotional geführt, verlief die Diskussion wohl doch einigermaßen
konstruktiv - einige Tage später erhielt Jürgen nämlich eine E-Mail, dass die
Sache erledigt sei und die Abmahnung zurückgezogen werde.
"Na also, es geht doch - man muss nur vernünftig miteinander reden..."
Ätsch! Schon wieder falsch gedacht.
Entgegen dieser Zusicherung wurde Jürgen nämlich trotzdem vor dem LG Hamburg auf
Unterlassung und Schadenersatz verklagt.
Nachweisliche Unkenntnis von dem streitgegenständlichen Beitrag, eine Verletzung
des Urheberrechts, die für niemanden außer den Urheber selbst erkennbar war,
noch dazu der erklärte Verzicht auf die Ansprüche - zu Recht ging Jürgen davon
aus, dass ihm da nicht viel passieren könne.
Ätsch zum Dritten!
Die Richter am Hamburger Landgericht - ausnahmsweise mal nicht die berühmt-berüchtigte
Pressekammer um Richter Buske, sondern die 8. Zivilkammer, sahen das komplett anders.
Allein die Tatsache, dass der Betreiber eine Einrichtung vorhält, welche derartige
Rechtsverletzungen grundsätzlich ermöglicht, verpflichtet ihn dazu, sämtliche dort
eingestellten Inhalte auf mögliche Rechtsverletzungen zu prüfen.
Da er das nicht getan hat, ist er nun haftbar - Punkt.
Da erinnert man sich spontan an die Pumpgun auf der Parkbank.
Um es für juristisch weniger bewanderte Leser ein wenig bildhafter zu beschreiben:
Man stelle sich vor, jemand möchte sein Fahhrad verkaufen und heftet eine
entsprechende Anzeige ans schwarze Brett im Supermarkt an der Ecke. Da er gerade
keine Kamera zur Hand hat, besorgt er sich ein Bild eines gleichen Modells
und klebt dieses auf die Anzeige. Kurz nachdem er seinen Zettel dort
angeheftet hat, kommt der Fotograf dieses Bildes dort vorbei, verklagt den
Inhaber des Supermarktes sofort wegen unerlaubter Zurschaustellung seines Fotos - und
gewinnt.
Das ist keine Polemik und keine spitze Übertreibung, sondern einfach nur die
konsequente Anwendung des Rechtsverständnisses der Richter am LG Hamburg.
Diese glauben übrigens, Ihre ganz eigene Sicht der Dinge stünde im Einklang mit
der üblichen Rechtsprechung an anderen Gerichten. Eine Ansicht, die man schon fast
in den Bereich von Wahrnehmungsstörungen einordnen möchte.
Dass dem keinesfalls so ist, erläutert Sascha Kremer, der Rechtsanwalt von Jürgen,
in seiner Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung:
Vertretbar Weblawg » Blog Archive » Das Hamburger Störergericht: Neues in Sachen Kochbuch ./. Internet
Auf Jürgen kommen für den gesamten Rechtsstreit nun Kosten von ca. 3000 Euro zu.
Er hat aus diesem Grund in seinem Forum eine Spendenaktion gestartet, da er auf
jeden Fall gegen diese Entscheidung in Berufung gehen will. Dafür wird in etwa noch
einmal die gleiche Summe benötigt. Bisher haben seine Mitglieder rund 2.000 Euro
zusammengetragen.
Auch die Presse hat bereits über den Fall berichtet:
Hamburger Morgenpost - www.mopo.de - Nachrichten Hamburg Panorama
Wie aus einem Urteil in einem anderen Fall hervorgeht, bestreitet der Webmaster von
Marions Kochbuch nach eigenen Angaben aus dem Betrieb der Seite seinen Lebensunterhalt.
Und das offenbar gar nicht so schlecht, immerhin betreibt er in Hamburg, zwei Autostunden
von seinem Wohnsitz entfernt, ein Büro.
Ob der Großteil der Einkünfte nun von auf der Homepage eingeblendeten Werbebannern
generiert wird, oder ob die aus hundertfach verschickten Abmahnungen kassierten
Lizenzgebühren von mutmaßlich 240 Euro je Fall die eigentlichen Fleischbrocken im
Einkommens-Süppchen der Internetköche sind?
Das mag sich ein Jeder selbst zusammenreimen.
Letztlich will ich mich damit auch gar nicht auseinandersetzen.
Viel entscheidender ist hier mal wieder die Prinzipfrage.
Schon in unserem Fall war das Urteil und dessen Begründung mit gesundem Menschenverstand
nicht nachzuvollziehen. Die Richter legen dem Forenbetreiber eine Prüfungspflicht auf,
der er selbst dann nicht nachkommen könnte, wenn er es denn wollte.
Denn er soll ja hier für eine Rechtsverletzung haftbar gemacht werden, die nach menschlichem
Ermessen unmöglich als eine solche zu erkennen war. Passend dazu auch die erneute
Einstufung von Foren als potenziell gefährliche Einrichtung.
Man fragt sich erneut, wie ein Gericht ein Urteil fällen kann, für dass es keine
gesetzliche Grundlage gibt. Bei Politikern wissen wir, dass sie nur ihrem Gewissen
gegenüber verantwortlich sind, aber Richter sollten doch eigentlich an die geltenden
Gesetze gebunden sein? Und wer bremst sie, wenn sie das nicht mehr tun, sei es aus
Willkür oder weil ihnen ganz einfach die Sachkenntnis fehlt?
Um das hier noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen:
Es geht hier nicht darum, dass man als Forenbetreiber einen Freibrief für alles einfordert,
was im eigenen Forum passiert. Es kann nur einfach nicht angehen, dass man für Beiträge und
Inhalte belangt wird, von denen man nichts weiß bzw. deren Rechtswidrigkeit nicht erkennbar
ist. Weltfremde Urteile wie dieses dürfen einfach nicht mehr vorkommen, und wir brauchen
endlich eine konsequente Anwendung der schon jetzt geltenden Gesetze, die Anbieter von
Seiten mit interaktivem Inhalt von der Haftung in genau solchen Fällen befreit.
Ansonsten werden wir erleben, wie diese Seiten ins Ausland abwandern und sich damit
der deutschen Rechtsprechung entziehen.
Die katalanische Webseite, welche das geklaute Eistee-Bild enthält, gibt es immer noch,
und das Bild ist immer noch online, obwohl der Webmaster von Marions Kochbuch angegeben hat,
auch dagegen vorgegangen zu sein. Offenbar mit bescheidenem Erfolg.
Ich will nochmals auf die Spendenaktion von Jürgen zu sprechen kommen.
2.000 Euro sind wie gesagt bisher eingegangen, weitere 4.000 Euro werden inklusive
der Kosten für die Berufung noch benötigt.
Wie jeder weiß, verfügen wir aufgrund unserer eigenen Spendenaktion vom letzten
Jahr noch über rund 18.000 Euro. Schon damals hatte ich angekündigt, nicht benötigte
Gelder anderen Webmastern zur Verfügung stellen zu wollen.
Andererseits darf natürlich der Fortgang unseres eigenen Verfahrens, für das
ursprünglich gespendet wurde, nicht gefährdet werden. Darum hatte ich ja im März
geschrieben, dass ich erst dann Gelder zur Verfügung stellen kann, wenn unser Fall
abgeschlossen ist.
Natürlich ist er das nach wie vor nicht, dennoch ist aber zumindest absehbar, dass
wir das Geld nicht aufbrauchen werden. Und die Berufung in Jürgens Fall darf einfach
nicht an den Finanzen scheitern. Ich gehe daher davon aus, dass ich im allgemeinen
Interesse handele, wenn ich Jürgen für den Fall, dass er die nötigen Mittel nicht
aufbringen kann, unter die Arme greife.
Am Schnellimbiss um die Ecke würde dieser Satz wahrscheinlich zu heftige Tumulten
oder wortloser Ohnmacht der Kunden führen.
Aber keine Angst, auch in Zeiten, wo alles teurer wird, werdet Ihr die genannten
Lebensmittel auch weiterhin für rund 1/1000 dieses Betrages kaufen können.
So teuer werden solche alltäglichen Dinge nur, wenn sie fotografiert werden.
Von den richtigen Leuten, versteht sich.
Die Bockwurst macht dabei noch den kleineren Teil aus - sie ist nur knapp
700 Euro wert, wie unser Mitglied Caschy bestätigen kann:
Abmahnung - wegen Bockwurstbild at Caschys Blog
Ohne dem Link zu folgen, wisst Ihr nun schon, worum es geht. Und wer die
Nachrichten rund um das Abmahn(un)wesen regelmäßig verfolgt, der weiß
spätestens beim Stichwort "Marions Kochbuch" endgültig bescheid.
Auf dieser Seite findet sich eine Sammlung von tausenden Rezepten, zum Beispiel
für Pommes Frites, Frikadellen mit Nudelsalat, Hot Dog und Pizza, aber auch für
kompliziertere Gerichte. Alle diese Rezepte sind illustriert und hübsch bebildert.
Hin und wieder findet jemand die Bilder von dieser Seite so hübsch, dass er sie
gerne auf seiner eigenen Seite haben möchte, und bindet diese kurzerhand ein
oder kopiert sie. Wie wir wissen, ist das nicht nur höchst unhöflich, sondern auch
richtig verboten, weil der Fotograf das Urheberrecht an seinem Bild besitzt -
egal wie simpel uns dessen Inhalt in Einzelfällen auch anmuten mag.
Die Seitenbetreiber machen es potenziellen Dieben allerdings auch sehr leicht.
Keine Rechtsklick-Sperre, kein htaccess-Bildschutz vor externer Einbindung etc.
0815-Schutzmechanismen, die mit rudimentären HTML-Kenntnissen in wenigen Minuten
realisiert werden können. Sie bieten letztlich keinen technisch wirksamen
Schutz, sind aber allemal geeignet, einen "Bilderdieb" rechtzeitig auf sein Tun
hinzuweisen und ihn vielleicht zum Nachdenken zu bringen. Darüber hinaus bietet
sich noch die Möglichkeit, Bilder mit digitalen Wasserzeichen zu versehen,
wodurch eine unerlaubte Verwendung sofort auffallen würde.
Ein Webmaster, dem es tatsächlich nur um den Schutz seiner Bilder geht und der
keine Lust auf juristische Auseinandersetzungen hat, wird sich solcher Hilfsmittel
ganz sicher bedienen, schon um selbst weniger Arbeit zu haben.
Wer das nicht tut, muss sich zumindest die Frage gefallen lassen, ob ihm seine
Bilder die Mühe nicht wert sind, oder ob er vielleicht doch ein "Prozesshansel" ist.
Der Fall, von dem ich Euch berichten möchte, macht diese Frage fast überflüssig.
Es geht um rund 3.000 Euro, die Jürgen Bechstein ein Eistee kostet, den er nie
getrunken hat - er hat ihn nur einmal kurz gesehen.
Jürgen ist Betreiber von foros Bundesligaforen | Startseite, einem Forum von und
für Fussballfans. Nebenbei gesagt, ein prima Forum, dass sich alle Freunde des
runden Leders ruhig einmal ansehen sollten.
In diesem Forum wünschte ein Mitglied in einem eher unbedeutenden Thread allen
anderen Mitgliedern einen guten Morgen und servierte einen virtuellen Eistee in
Form eines Bildes.
"Und das hatte er von Marions Kochbuch geklaut..." denkst Du jetzt.
Ätsch, falsch gedacht.
Das Bild stammte von einer katalanischen Webseite, die wohl zudem noch einen Hinweis
enthielt, dass dort gezeigte Bilder unter einer freien Lizenz stehen.
Dennoch erhielt Jürgen Anfang Januar im Auftrag von Marions Kochbuch reichlich
unappetitliche Post. Das Bild stammt nämlich ursprünglich von dieser Seite,
und Jürgen sollte nun eine Unterlassungserklärung abgeben sowie rund 700 Euro
an Lizenzgebühren und Abmahnkosten berappen.
Er kannte den entsprechenden Thread nicht mal, und selbst wenn er ihn gelesen
und das verwendete Bild auf eine mögliche Rechtsverletzung hin überprüft hätte,
wäre er davon ausgegangen, dass alles seine Ordnung hat.
Dass dieses Bild tatsächlich geistiges Eigentum des Betreibers von Marions Kochbuch
ist, konnte er ja nicht ahnen.
Nachdem ihm die Abmahnung nebst Kostennote von rund 700 Euro ins Haus geflattert
war, wusste er es. Und er tat erst mal das, was jeder verantwortungsbewusste
Forenbetreiber in diesem Fall tut: Er schaute sich die Sache an und löschte das
beanstandete Bild. Aus den oben genannten Gründen weigerte er sich jedoch, eine
Unterlassungserklärung zu unterschreiben, auch die Bezahlung der 700 Euro lehnte
er ab.
Stattdessen informierte er seine Community über den Fall. Es entstand eine
lebhafte Diskussion, in deren Verlauf sich auch der Betreiber von Marions
Kochbuch zu Wort meldete, und seine Sicht der Dinge darzulegen versuchte.
Obwohl sehr emotional geführt, verlief die Diskussion wohl doch einigermaßen
konstruktiv - einige Tage später erhielt Jürgen nämlich eine E-Mail, dass die
Sache erledigt sei und die Abmahnung zurückgezogen werde.
"Na also, es geht doch - man muss nur vernünftig miteinander reden..."
Ätsch! Schon wieder falsch gedacht.
Entgegen dieser Zusicherung wurde Jürgen nämlich trotzdem vor dem LG Hamburg auf
Unterlassung und Schadenersatz verklagt.
Nachweisliche Unkenntnis von dem streitgegenständlichen Beitrag, eine Verletzung
des Urheberrechts, die für niemanden außer den Urheber selbst erkennbar war,
noch dazu der erklärte Verzicht auf die Ansprüche - zu Recht ging Jürgen davon
aus, dass ihm da nicht viel passieren könne.
Ätsch zum Dritten!
Die Richter am Hamburger Landgericht - ausnahmsweise mal nicht die berühmt-berüchtigte
Pressekammer um Richter Buske, sondern die 8. Zivilkammer, sahen das komplett anders.
Allein die Tatsache, dass der Betreiber eine Einrichtung vorhält, welche derartige
Rechtsverletzungen grundsätzlich ermöglicht, verpflichtet ihn dazu, sämtliche dort
eingestellten Inhalte auf mögliche Rechtsverletzungen zu prüfen.
Da er das nicht getan hat, ist er nun haftbar - Punkt.
Da erinnert man sich spontan an die Pumpgun auf der Parkbank.
Um es für juristisch weniger bewanderte Leser ein wenig bildhafter zu beschreiben:
Man stelle sich vor, jemand möchte sein Fahhrad verkaufen und heftet eine
entsprechende Anzeige ans schwarze Brett im Supermarkt an der Ecke. Da er gerade
keine Kamera zur Hand hat, besorgt er sich ein Bild eines gleichen Modells
und klebt dieses auf die Anzeige. Kurz nachdem er seinen Zettel dort
angeheftet hat, kommt der Fotograf dieses Bildes dort vorbei, verklagt den
Inhaber des Supermarktes sofort wegen unerlaubter Zurschaustellung seines Fotos - und
gewinnt.
Das ist keine Polemik und keine spitze Übertreibung, sondern einfach nur die
konsequente Anwendung des Rechtsverständnisses der Richter am LG Hamburg.
Diese glauben übrigens, Ihre ganz eigene Sicht der Dinge stünde im Einklang mit
der üblichen Rechtsprechung an anderen Gerichten. Eine Ansicht, die man schon fast
in den Bereich von Wahrnehmungsstörungen einordnen möchte.
Dass dem keinesfalls so ist, erläutert Sascha Kremer, der Rechtsanwalt von Jürgen,
in seiner Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung:
Vertretbar Weblawg » Blog Archive » Das Hamburger Störergericht: Neues in Sachen Kochbuch ./. Internet
Auf Jürgen kommen für den gesamten Rechtsstreit nun Kosten von ca. 3000 Euro zu.
Er hat aus diesem Grund in seinem Forum eine Spendenaktion gestartet, da er auf
jeden Fall gegen diese Entscheidung in Berufung gehen will. Dafür wird in etwa noch
einmal die gleiche Summe benötigt. Bisher haben seine Mitglieder rund 2.000 Euro
zusammengetragen.
Auch die Presse hat bereits über den Fall berichtet:
Hamburger Morgenpost - www.mopo.de - Nachrichten Hamburg Panorama
Wie aus einem Urteil in einem anderen Fall hervorgeht, bestreitet der Webmaster von
Marions Kochbuch nach eigenen Angaben aus dem Betrieb der Seite seinen Lebensunterhalt.
Und das offenbar gar nicht so schlecht, immerhin betreibt er in Hamburg, zwei Autostunden
von seinem Wohnsitz entfernt, ein Büro.
Ob der Großteil der Einkünfte nun von auf der Homepage eingeblendeten Werbebannern
generiert wird, oder ob die aus hundertfach verschickten Abmahnungen kassierten
Lizenzgebühren von mutmaßlich 240 Euro je Fall die eigentlichen Fleischbrocken im
Einkommens-Süppchen der Internetköche sind?
Das mag sich ein Jeder selbst zusammenreimen.
Letztlich will ich mich damit auch gar nicht auseinandersetzen.
Viel entscheidender ist hier mal wieder die Prinzipfrage.
Schon in unserem Fall war das Urteil und dessen Begründung mit gesundem Menschenverstand
nicht nachzuvollziehen. Die Richter legen dem Forenbetreiber eine Prüfungspflicht auf,
der er selbst dann nicht nachkommen könnte, wenn er es denn wollte.
Denn er soll ja hier für eine Rechtsverletzung haftbar gemacht werden, die nach menschlichem
Ermessen unmöglich als eine solche zu erkennen war. Passend dazu auch die erneute
Einstufung von Foren als potenziell gefährliche Einrichtung.
Man fragt sich erneut, wie ein Gericht ein Urteil fällen kann, für dass es keine
gesetzliche Grundlage gibt. Bei Politikern wissen wir, dass sie nur ihrem Gewissen
gegenüber verantwortlich sind, aber Richter sollten doch eigentlich an die geltenden
Gesetze gebunden sein? Und wer bremst sie, wenn sie das nicht mehr tun, sei es aus
Willkür oder weil ihnen ganz einfach die Sachkenntnis fehlt?
Um das hier noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen:
Es geht hier nicht darum, dass man als Forenbetreiber einen Freibrief für alles einfordert,
was im eigenen Forum passiert. Es kann nur einfach nicht angehen, dass man für Beiträge und
Inhalte belangt wird, von denen man nichts weiß bzw. deren Rechtswidrigkeit nicht erkennbar
ist. Weltfremde Urteile wie dieses dürfen einfach nicht mehr vorkommen, und wir brauchen
endlich eine konsequente Anwendung der schon jetzt geltenden Gesetze, die Anbieter von
Seiten mit interaktivem Inhalt von der Haftung in genau solchen Fällen befreit.
Ansonsten werden wir erleben, wie diese Seiten ins Ausland abwandern und sich damit
der deutschen Rechtsprechung entziehen.
Die katalanische Webseite, welche das geklaute Eistee-Bild enthält, gibt es immer noch,
und das Bild ist immer noch online, obwohl der Webmaster von Marions Kochbuch angegeben hat,
auch dagegen vorgegangen zu sein. Offenbar mit bescheidenem Erfolg.
Ich will nochmals auf die Spendenaktion von Jürgen zu sprechen kommen.
2.000 Euro sind wie gesagt bisher eingegangen, weitere 4.000 Euro werden inklusive
der Kosten für die Berufung noch benötigt.
Wie jeder weiß, verfügen wir aufgrund unserer eigenen Spendenaktion vom letzten
Jahr noch über rund 18.000 Euro. Schon damals hatte ich angekündigt, nicht benötigte
Gelder anderen Webmastern zur Verfügung stellen zu wollen.
Andererseits darf natürlich der Fortgang unseres eigenen Verfahrens, für das
ursprünglich gespendet wurde, nicht gefährdet werden. Darum hatte ich ja im März
geschrieben, dass ich erst dann Gelder zur Verfügung stellen kann, wenn unser Fall
abgeschlossen ist.
Natürlich ist er das nach wie vor nicht, dennoch ist aber zumindest absehbar, dass
wir das Geld nicht aufbrauchen werden. Und die Berufung in Jürgens Fall darf einfach
nicht an den Finanzen scheitern. Ich gehe daher davon aus, dass ich im allgemeinen
Interesse handele, wenn ich Jürgen für den Fall, dass er die nötigen Mittel nicht
aufbringen kann, unter die Arme greife.