Menschliches Miteinander

gisqua

ist wieder öfter hier
Aus dem Kalender "Der Andere Advent 2016 / 2017) habe ich
einen Beitrag von Johannes Rau gefunden, die mir sehr gefällt
und die ich Euch nicht vorenthalten will:

Vielleicht habt Ihr Ähnliches, was hier dazu passen könnte.


Das Ende des Fundamentalismus

Die Kulturen der Welt kommen sich näher und müssen versuchen,
miteinander zu leben und miteinander zu reden.
Das nennt man nun schon seit geraumer Zeit Dialog der Kulturen.
Kulturen können streng genommen keine Dialoge führen.
Das können nur Menschen.
Je besser diese Menschen in der Lage sind, nicht nur über ihre
eigene Kultur Auskunft zu geben, sondern sich auch in andere
hineinzudenken, umso besser sind sie in der Lage, einen solchen
Dialog zu führen.

Einen wirklichen Dialog kann man nur führen, wenn die beteiligten
Partner sich gegenseitig wirklich ernst nehmen.
Er kann nur beginnen, wenn das Bewusstsein und das Gefühl
gleichen Wertes und gleicher Würde vorhanden ist.
Wer sich auf einen Dialog einlässt - und das gilt nicht nur für den
Dialog der Kulturen -, der hat bereits eine fundamentale Grundent-
scheidung getroffen, darüber muss man sich klar sein.
Er hat allein durch die Tatsache, einen Dialog zu führen, anerkannt,
dass er allein nicht im Vollbesitz der ganzen Wahrheit ist.

Um es mit den Worten von Hans-Georg Gadamer zu sagen:
Wer in einen Dialog eintritt, der lässt sich darauf ein, dass der
andere vielleicht recht haben könnte.
Anders gesagt:
Der Eintritt in den Dialog ist bereits das Ende des Fundamentalismus.
Was mir gleichgültig ist, was mich nichts angeht, was mein Dasein
nicht tangiert, verlangt von mir keine Toleranz.
Toleranz ist dort gefordert, wo es um etwas Fremdes geht, das
mein Denken und mein Gefühl berührt, wo die eigenen Traditionen
und Orientierungen auf fremde Tradition und Orientierung treffen.
Toleranz bezeichnet also wohl etwas Aktives.
Toleranz setzt Kenntnis und Verstehen voraus, aber auch - und hier
schließt sich der Kreis - das Bewusstsein von der eigenen Identität.
Toleranz kann nicht ein für alle Mal errungen werden, sie stößt
immer wieder an Grenzen, wird immer wieder vor neue Fragen und
neue Aufgaben gestellt.
Johannes Rau
 
Die Zehn Angebote des evolutionären Humanismus (Kurzfassung)

1. Diene weder fremden noch heimischen „Göttern“, sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern!

2. Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten!

3. Habe keine Angst vor Autoritäten, sondern den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

4. Du sollst nicht lügen, betrügen, stehlen, töten – es sei denn, es gibt im Notfall keine anderen Möglichkeiten, die Ideale der Humanität durchzusetzen!

5. Befreie dich von der Unart des Moralisierens! Trage dazu bei, dass die katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden, unter denen Menschen heute verkümmern, und du wirst erstaunt sein, von welch freundlicher, kreativer und liebenswerter Seite sich die vermeintliche „Bestie“ Homo sapiens zeigen kann.

6. Immunisiere dich nicht gegen Kritik! Ehrliche Kritik ist ein Geschenk, das du nicht abweisen solltest.

7. Sei dir deiner Sache nicht allzu sicher! Zweifle aber auch am Zweifel! Selbst wenn unser Wissen stets begrenzt und vorläufig ist, solltest du entschieden für das eintreten, von dem du überzeugt bist. Sei dabei aber jederzeit offen für bessere Argumente, denn nur so wird es dir gelingen, den schmalen Grat jenseits von Dogmatismus und Beliebigkeit zu meistern.

8. Überwinde die Neigung zur Traditionsblindheit, indem du dich gründlich nach allen Seiten hin informierst, bevor du eine Entscheidung triffst!

9. Genieße dein Leben, denn dir ist höchstwahrscheinlich nur dieses eine gegeben!

10. Stelle dein Leben in den Dienst einer „größeren Sache“, werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen woll(t)en! Eine solche Haltung ist nicht nur ethisch vernünftig, sondern auch das beste Rezept für eine sinnerfüllte Existenz.

Quelle und Originalfassung: Manifest des Evolutionären Humanismus
 
Das Wortspiel Gebote-Angebote wurde natürlich gezielt verwendet, denn Angebote sind ja, im Gegensatz zu den 10 christlichen Geboten, nur Empfehlungen aus evolutionär-humanistischer Sicht und niemand wird, wenn er sie nicht beachtet, mit Höllenqualen und ewiger Verdammnis bedroht.
 
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